Konzept

der WG Paraplui

Unser Menschen- und Behinderungsverständnis

Jeder Mensch hat einen gesunden Wesenskern – seine Individualität. Sie manifestiert sich in den Impulsen der biografischen Entwicklung. In diesen zeigen sich auch individuelle Aufgaben und Impulse, welche der Mensch als Individualität zu verwirklichen hat. 

Auch Menschen mit einer Behinderung haben ihre Lebensaufgaben und sind bestrebt, ihr Potenzial zur Entfaltung zu bringen. Die sogenannte Behinderung entsteht nach unserer Auffassung an den Schnittstellen zwischen individuellen Aufgabenstellungen und ihren Realisierungsmöglichkeiten. Diese Schnittstellen können infolge der persönlichen konstitutionellen Veranlagung (z.B. körperliche oder psychische Behinderung und/oder durch soziokulturelle Faktoren (z.B. psychische Traumatisierung, Ausgrenzung etc.) entstehen.

Unser agogisches Assistenzverständnis

Wir sind bestrebt, die agogische Assistenz partnerschaftlich, ressourcenorientiert und dialogisch zusammen mit den Klienten*innen zu gestalten. Unsere handlungsleitenden Konzepte und Ansätze sind dabei das Empowerment-Prinzip, der personenzentrierte Ansatz und das Normalisierungsprinzip.

Unsere konzeptionelle Grundlage basiert auf der humanistischen Tradition. Wir beziehen die Grundsätze der INSOS-Charta Lebensqualität und UN-Behindertenrechtskonvention in unsere agogische Arbeit mit ein. 

Empowerment

Die WG Paraplui arbeitet auf der Grundlage des Empowerment-Ansatzes (Selbstermächtigung).  Das Erhöhen oder Wiedergewinnen der Autonomie und Selbstbestimmung der Klienten*innen ist unser Ziel. Das ressourcenorientierte Denken bildet dabei unsere agogische Handlungsgrundlage.

Wir begleiten und unterstützen Klienten*innen, damit sie zu grösstmöglicher Autonomie gelangen und sich als Teil der Gemeinschaft erleben können (Inklusion). Gemeinsam mit ihnen gestalten wir Lebensräume, in welchen eine individuelle körperliche, seelische und geistige Entwicklung möglich ist. Dadurch kann die Persönlichkeit eine Chance ergreifen, den Kontakt zu sich selbst, d.h. zu ihrer Individualität, zu erlangen. Dies ist die Grundvoraussetzung und gleichzeitig der Antrieb zur Selbstentwicklung. 

Wir sind bestrebt, ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen individueller Freiheit und gemeinschaftlichen Rahmenbedingungen zu gestalten. 

Unser Motto ist: Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens.

Personenzentrierter Ansatz

Die Grundlage für eine gesunde Menschenbeziehung und somit für die agogische Assistenz bilden das Interesse am anderen Menschen, die Wertschätzung, die Authentizität und Kongruenz.

Dies erfordert von den Mitarbeitenden bedingungslose Akzeptanz des zu betreuenden Menschen und aktive empathische Präsenz. Die Assistenz für eine Persönlichkeit in Beziehung zu ihrem Wesenskern bedingt unsererseits denselben Prozess: Wir setzen uns mit der persönlichen Entwicklung auseinander und bilden uns in den berufsrelevanten Bereichen fortwährend weiter. 

Normalisierungsprinzip

Die Grundhaltung des Normalisierungsprinzips bildet in der WG Paraplui eine wichtige Grundlage und fliesst daher handlungsleitend in unser Betriebs- und Begleitungskonzept ein. Ein normales Leben (Definition nach B. Nirje) geht von der Maxime aus, dass die Menschen mit einer Behinderung ihr Leben so normal wie möglich gestalten können. Jede/r Klient*in soll am gesellschaftlichen Leben partizipieren und somit ein weitestgehend „normales“ Leben führen können. D.h. ein Leben, welches in Übereinstimmung mit dem sozialen Kontext individuell gestaltet ist. Dies beinhaltet folgende Lebensfelder: Normaler Tages-, Wochen- und Jahresrhythmus mit normalen Erfahrungen im Lebenszyklus, normale Trennung von Arbeit, Freizeit und Wohnen, normales Recht auf Selbstbestimmung, normale Gestaltung der Umwelt, normale sexuelle Lebensmuster, normale ökonomische Lebensmuster. Die zentrale Rolle nimmt dabei das Gleichheitsprinzip ein: Alle Menschen – mit oder ohne Behinderung – haben gleiche Rechte. Die „Normalisierung“ führt demzufolge zur grösstmöglichen Beteiligung der Klienten*innen am gesellschaftlichen Leben (Partizipation).

Das Fachpersonal übernimmt dabei einen dreifachen Auftrag: 

  • Assistenz zur Erweiterung der persönlichen Autonomie
  • Beratung bei Urteilsbildung, Entscheidungsfindung, Teilhabe im persönlichen Lebensumfeld und gesellschaftlichen Leben
  • Begleitung im Sinne einer respektvollen Lebensgestaltung mit auf den individuellen Bedarf angepassten Formen –  assistierend, unterstützend und motivierend. 

Förderplanung

In Übereinstimmung mit den oben beschriebenen Prinzipien unterstützen wir die Klienten*innen in ihrer individuellen Lebensführung  und -planung. Dabei verwenden wir methodische Elemente aus der Persönlichen Zukunftsplanung (PZP). Sie bietet dem agogischen Personal Werkzeug und Methoden, um mit den Klienten*innen über Entwicklungen in ihrem Leben zu sprechen und um Unterstützung bei Veränderungsprozessen zu organisieren.